Der Staatskünstler - Zhang Yimous Shanza shu zhi lian auf der Berlinale 2011

Kulturrevolution – Zhang Yimou – Berlinale 2011

 

Der Staatskünstler

Zhang Yimous Shanzha shu zhi lian auf der Berlinale 2011

 

Zhou Dongyu und Shawn Dou lösen am Samstagabend bei der Europa-Premiere von Shanza shu zhi lian im großen Saal der Kongresshalle, dem Haus der Kulturen der Welt, ein Blitzlichtgewitter der Fotografen und Kameraleute aus. Vom sehr jungen Publikum in der Sektion Generation, Kplus/14plus, werden sie stürmisch gefeiert. Vielfach wurde gerade noch die letzte Träne aus dem Augenwinkel gewischt.

Filme sind Gefühlslabore und Zeitmaschinen. Während ich fassungslos über Zhang Yimous jüngsten Film bin, fühlt sich das junge Publikum offenbar angesprochen, wenn nicht sogar verstanden. Es applaudiert enthusiastisch. Im Rating von 1 bis 10 Taschentücher bringt es Unter dem Weißdornbusch locker auf ein Topranking von 9.

Die Kulturrevolution ist Chinas großes Trauma des 20. Jahrhunderts. Das größte. Sie dauerte in mehreren Phasen von Mai 1966 bis Oktober 1976, also fast 10 Jahre. Ihre Folgen sind bis heute tiefe Einschnitte in das Leben vieler Menschen und ihrer Familien in China. Die Thematisierung der Kulturrevolution begann erst Mitte der 90er Jahre in der chinesischen Öffentlichkeit.

 

Shanza shu zhi lian spielt während der Kulturrevolution. Es gibt viele Filme und sogar ganze Fernsehserien, die sich im Format von Familiensagas auf Fernsehkanälen seit ca. 15 Jahren mit dem Thema Kulturrevolution auf sehr unterschiedliche, meist aber äußerst emotionale Phase befasst haben. Die Haltung zur Kulturrevolution war beispielsweise eine Kernfrage für die Aufführungserlaubnis von Lebewohl, meine Konkubine von Chen Kaige 1993 mit Leslie Cheung und Gong Li.

 

Leslie Cheung (1956-2003) spielte auf äußerst betörende Weise den Dan-Darsteller „Douzi“. Er spielte also die Frauenrollen in der Peking-Oper, die er mit seinem Freund „Shitou“ aufführte. Der Film Lebewohl, meine Konkubine beginnt und endet 1977, ein Jahr nach dem Ende der Kulturrevolution. Und er endete in der Originalfassung damit, dass „Douzi“ sich in selbstmörderischer Absicht in sein Schwert wirft. Dieses Ende war in China äußerst heikel.

Es ist wichtig, einen Moment am politisch-historischen Horizont des Films Lebewohl, meine Konkubine zu verweilen. Wie mir damals ein guter Freund aus Hamburg, der als Deutscher in Shanghai geboren und aufgewachsen war, versicherte, war das ebenfalls unterschwellige Thema der Homosexualität Anfang der 90er Jahre kein Problem in der chinesischen Politik und Öffentlichkeit.

 

Das politische Problem bestand vielmehr darin, dass der finale Selbstmord als Verurteilung der Kulturrevolution verstanden werden konnte. – Der Selbstmord als Folge der Repressionen während der Kulturrevolution fand denn auch im Off statt. Er war zu hören, aber nicht zu sehen!

Man muss sich dieser Situation erinnern, um nun Zhang Yimous neuen Film abschätzen zu können. Was heißt es, wenn Zhang Yimou, der große Regisseur Chinas, seine Liebesgeschichte von Jingqiu und Sun vor dem Hintergrund der Kulturrevolution heute bzw. 2010 in Szene setzt? Wie ist seine Haltung heute zum chinesischen Trauma? Wie kommt die Kulturrevolution im Film vor?

 

Eine Rahmung des Films, die gleich zu Anfang aufgeführt wird, ist der Hinweis, dass es sich um eine wahre Geschichte handelt. Der Roman oder die Erzählung, nach der der Film gedreht worden ist, nutzt zumindest im Englischen die Ich-Form. Die Figur Jingqiu erzählt ihre eigene, persönliche Geschichte von der großen Liebe zu Sun. Der Roman liegt mir nicht vor, wie erfolgreich er in China ist, weiß ich nicht.

 

Die Rahmung als wahre Geschichte, an die mehrfach durch Texteinschübe erinnert wird, verleiht dem Film eine starke Autorität. Salopp formuliert, erzählt Tantchen soundso von ihrer großen Liebe. Alle Frauen, sagen wir mal über 40, werden in China zu Tantchens.

Ein Film von Zhang Yimou ist, spätestens seitdem er die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 2008 inszenieren durfte, eine Angelegenheit von nationaler Bedeutung in China. Das war nicht immer so.

 

Mitte der 90er Jahre wurde Zhang Yimou in Deutschland und Europa als Filmemacher des neuen chinesischen Films oder der „5. Generation des chinesischen Kinos“ verehrt. In China interessierte man sich damals weniger für seine Film. Dafür umso mehr für Zhangs Affäre mit Gong Li, obwohl er verheiratet war. Zwischen Zhangs Ehefrau und Gong Li entbrannte in der Gelben Presse Chinas ein öffentlich ausgetragenes Ehedrama.

 

Zhang Yimou konnte nicht einfach Filme in China drehen, sondern sie mussten erst von der chinesischen Zensur genehmigt werden. Einfach Filme machen konnte man generell nicht. Erst musste der Film alle Instanzen der Zensur – vom Storyboard bis zum Schnitt - durchlaufen. Schließlich wurden mehrere Filme mit Aufführungsverboten belegt. Oder sie lösten in China heftige Diskussionen darüber aus, ob Zhang Yimou im Ausland ein schlechtes Bild von China zeige. Vielen galt er als Nestbeschmutzer.

Hóng Gaoliang – Rotes Kornfeld war 1987 Zhangs Debütwerk, das sogleich den Golden Bären der Berlinale gewann.  Zhang Yimou und die Berlinale sind also auf das Engste miteinander verknüpft. Gong Li spielte die Hauptrolle und wurde über Nacht ein Star. Doch mit dem Erfolg wurde die Beobachtung durch den Zensor nur umso stärker.

 

Huózhe – Leben war 1994 ein weiterer erfolgreicher Film von Zhang Yimou mit Gong Li in der Hauptrolle. Der Film wurde in Deutschland allerdings völlig falsch rezipiert. Das lag zunächst an der falschen Übersetzung des Titels. Es geht nämlich weniger um das Leben als vielmehr um das Überleben. Die vorherrschende Filmkritik in Deutschland fand den Film zu konventionell erzählt.

 

Die Filmkritik bis zum Lexikon des Internationalen Films hatte weder ein Gespür für den Horizont der chinesischen Geschichte, noch für den medientheoretischen Subtext, der vom Kino als Reich der Schatten handelte. Im Chinesischen wird der Film nämlich als elektrische Schatten oder Bilder übersetzt. Das Überleben findet auch als Schatten und Erinnerung im Medium Film statt.

Nicht zuletzt beginnt die Handlung von Huózhe damit, dass der reiche Xu sein Geld verspielt und seine Existenz als Schattenspieler bestreiten muss. Das Leben als Schattenspieler sichert sein Überleben. Während die Zeit des Großen Sprungs in den 50er Jahren für Xu noch unproblematisch verläuft, wird die der Kulturrevolution eine lange und äußerst kritische Sequenz gewidmet.

 

In der entscheidenden Sequenz geht es darum, dass die Roten Brigaden alle Ärzte eines Krankenhauses aufs Land zur Arbeit geschickt haben. Statt der Ärzte sind nur studentische Rot Brigadisten im Krankenhaus, die nicht einmal wissen, wie man ein Kind zur Welt bringt. Es herrscht ein komplettes Chaos. Schließlich findet Xu einen Arzt auf dem Feld. Er ist völlig entkräftet. Um den Arzt in die Lage zu versetzen, das Kind zur Welt zu bringen, kauft Xu sieben Mantou, kleine Dampfbrote, die der Arzt alle isst. In seiner Gier erstickt er fast an den Mantous. Das Kind wird zur Welt gebracht und Mantou genannt.

 

Obwohl die Geschichte der Kulturrevolution nicht ohne Witz erzählt wird, ist sie doch die eindrücklichste und komplexeste Phase des Films. Sie wird als harter Kampf ums Überleben dargestellt, die nur mit Witz in einer absurd gewordenen Welt ertragen werden kann. Zwar wird in Huózhe ein längerer Zeitraum erzählt, doch die Zeit, in der selbst das Schattenspiel zur lebensgefährlichen Tätigkeit werden konnte, betrifft die Kulturrevolution. Zhangs Huózhe war sein hoch verschlüsseltes, aber deutliches Statement zur Kulturrevolution und zur Zensur in China.

Huózhe gewann den Großen Preis der Jury in Cannes 1994. In China wurde der Film verboten!  Das darf durchaus für die präzise Darstellung der Kulturrevolution sprechen. Es gab genügend Kräfte in der chinesischen Nomenklatur, die sie so nicht sehen wollten. Schließlich basiert er auf dem gleichnamigen Roman des Schriftstellers Yu Hua aus Hangzhou in der Zheijiang Provinz südlich von Shanghai. Yu Hua wurde 1960 geboren und wuchs während der Kulturrevolution auf. Wie im Film so auch im Roman ist die Erinnerung an die Kulturrevolution durch eine absurde Brutalität geprägt.

 

Huózhe war wie andere Filme Zhang Yimous nur als Auslandsproduktion möglich geworden. Deshalb wurde ihm nur erlaubt, den nächsten Film als chinesische Produktion zu drehen. Es wurde der Film Yao a yao da weipo jiao, der 1995 international als Shanghai Triade ins Kino kam. In Deutschland wurde er mit dem Titel Shanghai Serenade eher verkitscht. Da Yao a yao da weipo jiao ein altes Shanghaier Wiegenlied zitiert, wäre Wiegenlied statt Serenade eine bessere Übersetzung gewesen.    

Mit Shanghai Triade lässt Zhang Yimou das Nachtleben im Shanghai der 20er Jahre und die Bandenkriege wiederaufleben. Die Filmhandlung wurde stark auf Gong Li als singenden und tanzenden Nachtclub-Star zugeschnitten. Hatte Gong Li  noch als Schauspielschülerin in Rotes Kornfeld in der Rolle der streitbaren, nordchinesischen Bäuerin ihre Karriere begonnen, so war sie nun ein Nachtclub-Star mit beträchtlichem Glamour.

Am Set von Yao a yao da weipo jiao konnte man im Januar 1995 sehr genau beobachten, wie sehr sich Zhang Yimou und Gong Li um eine besondere political correctness bemühten. Sie trugen nämlich in den Drehpausen chinesische Armeemäntel, den sogenannten „Yellow Coat“ oder „Gelben Mantel“. Kein Mensch in Shanghai, der etwas auf sich hielt, trug den „Yellow Coat“. Meine Shanghaier Freunde hätten niemals einen getragen. Ich besorgte mir allerdings einen für wenig Geld auf dem Markt und verschenkte meinen Mantel zur großen Freude.

 

Bevor ich zur abschließenden Besprechung von Shanza shu zhi lian komme, muss ich noch eine Begegnung am Set im Shanghaier Kinderpalast erwähnen. Am ersten Drehabend, es waren Minusgrade in Shanghai, kam ein älterer Herr auf mich zu und begrüßte mich auf Deutsch, was noch eine Seltenheit war. Er stellte sich als Professor Jiang vor und erzählte beiläufig, andeutungsweise, wie schwer es für ihn und seine Frau während der Kulturrevolution gewesen war, als Musiker und Sänger für Klassische Musik zu überleben. Dann sang er kurz aus Mozarts Zauberflöte: „In diesen Hallen kennt man der Rache nicht.“ – Wir tanzten 5 oder 6 Abende als Nachtclub-Gäste der 20er Jahre.

Die Kulturrevolution in Shanza shu zhi lian findet nun in einer atemberaubend schönen Gebirgslandschaft statt. In der Eröffnungssequenz kommt die junge Schriftstellerin und Rot Brigadistin Jingqiu in eine Kleinstadt in den Bergen, um von dort aus noch einmal einen Fußmarsch in ein abgelegenes Dorf im Gebirge anzutreten. Sie folgt einem Parteibonzen, der bei nächstbester Gelegenheit an einem stämmigen, alten Weißdorn eine antijapanische Schauergeschichte zu erzählen beginnt. Jingqiu glaubt sie und macht sich später daran, diese Propagandageschichte literarisch aufzuarbeiten.

 

Es wird in Zhang Yimous Inszenierung durchaus durchschaubar, dass der Parteibonze wild fabuliert und kein Gespür für die Natur hat. Im Bild ist die Natur geradezu hyperpräsent. Er wirkt in seinem Propagandaeifer ein wenig lächerlich. Es ist, als kehre die Geschichte nach einer Formulierung Karl Marx’ einmal als Tragödie und nun als Farce wieder. Das propagandistische Schauermärchen wird nicht etwa als solches problematisiert, sondern weil es im offensichtlich lächerlichen Widerspruch zur Schönheit der Natur steht.

Auf einem ihrer ersten Spaziergänge lernt Jingqiu den Geologen Sun kennen, der gerade mit seinen Kumpanen am Fluss bei der Arbeit ein russisches Lied vom Weißdorn-Busch singt. Diesmal wird der Weißdorn Ort einer Liebesgeschichte. Sun und Jingqiu werden zum Liebespaar, nicht zuletzt weil sie beide den Weißdorn und seine roten Früchte lieben. Als Jingqiu weiterhin an ihrer Propagandageschichte zum Weißdorn schreibt, kommt Sun auf doppelte Weise dazwischen. Denn der Weißdorn ist nun auch zur Metapher für die erste Liebe geworden. Und Sun macht sich darüber lustig, dass Jingqiu trotzdem noch eine Propagandageschichte schreibt.

Unterschwellig ist also durchaus die Ideologie der Kulturrevolution ständig präsent, während sie mehr und mehr durch eine Liebesgeschichte abgelöst wird. Das ist eine hoch interessante Ablösung der Propaganda und des Traumas durch eine substituierte Liebesgeschichte. Statt der Liebe zur Ideologie der Kulturrevolution wird auf einmal die Liebe in (!) der Kulturrevolution erzählt. Die Liebe in der Kulturrevolution wird so nicht zuletzt zu einer unterschwelligen Liebe der Kulturrevolution.

 

In der sich weiter entwickelnden Liebesgeschichte zwischen dem smarten Sun und der überfolgsamen Jingqiu wird jeder Schritt zur Liebe mit einem Schritt von der Ideologie bezahlt. Wenn Sun mit ihr schwimmen geht und einen Badeanzug für sie gekauft hat, dann traut sich Jingqiu, die tapfere Parteisoldatin, nur das Kleidungsstück auch anzuziehen, weil Sun ihr glaubhaft versichert, dass Mao ein großer Schwimmer ist.

 

Überwacht wird die Beziehung von Sun und Jingqiu auch von ihrer Mutter. Sie ist vielleicht der interessanteste Charakter, weil sie die durch die Ideologie der Kulturrevolution am meisten beschädigte Person ist. Die Überwachung der Tochter durch die Ideologie geht auf Kosten der Liebe. Die Mutter lebt in einer phobischen Welt der ständigen Bedrohung durch die Kulturrevolution, weil ihr Mann ein politischer Gefangener ist. Sie setzt ihre Tochter unter den permanenten Druck, sich ideologisch bewähren zu müssen.

Die Mutter erinnert die Tochter ständig daran, dass sie auf Bewährung ist. Jingqiu übernimmt die Existenz auf Bewährung und macht sie so sehr zu ihrer eigenen, dass sie während der Ferien in der Schule als Bauarbeiterin schwerste Arbeiten auf sich nimmt. Diese Haltung wird nicht etwa als fragwürdig, sondern eher als heroisch inszeniert. Der Einzige, der den Bewährungswahn in Frage stellt, ist Sun, dessen Vater eine hoher Funktionär in der Hauptstadt ist.

 

Sun gewinnt schließlich mehr und mehr das Vertrauen von Jingqiu und muss eines Tages ins Krankenhaus, weil er an Leukämie erkrankt ist. Gegenüber Jingqiu leugnet er die Erkrankung. Sie verbringen schließlich eine Nacht in keuscher Liebe. Dann ist Sun verschwunden.    

 

Das symbolische Spiel der Farben ist in Shanza shu zhi lian ein wichtiger chinesischer Subtext der Erzählung. Von Anfang an wird die Liebe der beiden jungen Menschen vom Tod bedroht. Denn der Weißdorn blüht weiß und bekommt rote Äpfel. Weiß ist die Farbe des Todes im Chinesischen. Rot die Farbe des Glücks, der Liebe, der Partei und der Hochzeit. Nicht zuletzt kauft Sun Jingqiu einen roten Stoff, aus dem sie sich eine Jacke machen will. Die erste innige Umarmung findet unter einem Yellow Coat statt, obwohl Sun zuvor einen anderen Mantel getragen hatte.

 

In der Schlusssequenz wird Jingqiu in das Sterbezimmer von Sun gerufen. Die Familie ist in Parteiuniform anwesend. Tatsächlich hat Sun Leukämie. Wie, bitte sehr liebe Leser, heißt Leukämie auf Chinesisch? Leukämie heißt Baishi bi!!! Baishi heißt Weiß! Sun stirbt an der Weißen Krankheit!!! Und Jingqiu erscheint natürlich in einer Jacke aus dem roten Stoff, den ihr Sun geschenkt hatte. Die Hochzeit findet als Versöhnung an Suns Sterbebett statt. Die Sterbeszene als Schlusssequenz ist Mark und Bein erschütternd. Doch was wurde erzählt?

 

 

Die Partei und die Parteisoldatin sterben nicht. Auch die Mutter stirbt nicht. Aber Sun stirbt, der sich mit lautersten Absichten doch ganz offensichtlich in Konkurrenz zur Ideologie Jingqiu genähert hatte. Die große Liebe war der Verrat der Liebe im Namen der Ideologie. Selbst mit bestem Willen wird nicht die Kulturrevolution verraten, sie wird ein wenig belächelt, aber als Realität akzeptiert.

 

Emma Chi nennt Zhou Dongyu, Jingqiu, auf Urbananatomy.com Shanghai „Chinas neues It-girl“ und vergleicht sie sogleich mit Gong Li und Zhang Ziyi. Die mit gebrochenem Herzen überlebende Jingqiu erzählt die ultimative Aussöhnung mit dem Trauma der Kulturrevolution. Das ist eine große chinesische Sehnsucht, die sich in gleich mehreren Filmen der jüngsten Zeit beobachten lässt.

 

Im November war Maos letzter Tänzer des australischen Regisseurs Bruce Beresford in den Kinos zu sehen. Chinesische Freunde waren von dem Film ganz begeistert. Nicht zuletzt erschien Maos vierte Ehefrau, Jiang Qing, die die Kulturrevolution als Machtspiel eingeläutet hatte, in mehreren Szenen.  Ihre ideologische Verbohrtheit wurde karikiert. Immerhin etwas. Letztlich erzählt der Film allerdings die äußerst populäre Geschichte der Ablösung der kommunistischen Ideologie durch die Ideologie des Kaptialismus. Am Schluß ist Maos letzter Tänzer prima als Heterosexueller normalisiert und die chinesischen Eltern sehen und treffen ihren Sohn auf einer großen, us-amerikanischen Bühne. Alles Leiden und alle Ungerechtigkeit hat sich für den Reichtum gelohnt.


Zhang Yimou schießt indessen mit seiner Erzählung der Kulturrevolution als keusche Liebesgeschichte in großartigen Landschaftstableaus den Vogel ab. Sie kommt bei jungen Menschen, für die die erste Liebe immer noch schwierig ist, weil die Liebe immer schwierig bleiben wird, gut an. Zhang  versteht die Jugendlichen. Umso dramatischer ist es deshalb, dass er das Trauma als rein privates der Liebe inszeniert. Die Trauer über das Trauma der Kulturrevolution findet als Trauer über eine (nicht) vollzogene Jugendliebe statt.

 

Die 19jährige Zhou Dongyu sagte nach der Aufführung, dass die Menschen damals sehr schüchtern gewesen seien. Das sei für sie an der Rolle interessant gewesen. Man darf Onkel Zhang beglückwünschen: Operation Kulturrevolution geglückt!

 

Torsten Flüh  


Tags: , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,
Categories: Film

0 Kommentare
Actions: E-mail | Permalink | Comment RSSRSS comment feed