History - berauscht von Geschichte - Edgar Varèses Amèriques und John Adams Nixon in China beim Musikfest 2012

History – Pfeifen – Politik

 

History – berauscht von Geschichte

Edgar Varèses Amèriques und John Adams Nixon in China beim Musikfest 2012

 

Am 4. September entfachte das Koninklijk Concertgebouworkest Amsterdam unter Mariss Jansons in der Philharmonie gegen Schluss von Amèriques einen stampfenden Maschinenrhythmus, der von den unterschiedlichsten Pfeifen und Hupen durchbrochen wurde. Der Traum und Alptraum von der modernen, amerikanischen Großstadt aus den Jahren 1918-21. Cyclone whistle, Steamboat whistle, Crow call – Es pfeift und hupt und stampft. Die Großstadt als Maschine, die den Menschen aufsaugt. Faszination und Schrecken zugleich. „We were really awake, I tell you — and more — electrified”, wird Henry Miller 1951 zu einer Aufnahme von Amèriques an Edgar Varèse schreiben.  

Nixon ist zu Beginn der Oper Nixon in China (1985-1987) von John Adams ganz besoffen von „History“. Er kriegt sich gar nicht mehr ein, dass er am 21. Februar 1972 in Peking Geschichte macht. Der kalte Krieger wird in Peking zur Friedenstaube und berauscht sich daran, dass das Ereignis zur Prime Time via amerikanischen Satellit über die Radio- und Fernsehkanäle ausgestrahlt wird. „The eyes and ears of history/Caught every gesture …“ Nahezu hysterisch von sich selbst, der medialen Verbreitung in Amerika und dem Moment des Händeschüttelns in Peking mit Chou En-lai und Mao Tse-tung wiederholt Nixon (Robert Orth) ständig “history”.  

Es kann so kommen, dass man beim Thema Amerika für das Musikfest 2012 wirklich nicht wusste, ob das denn ein anregendes Programm zustande bringen könnte. Und dann fällt man quasi bei der Berliner Erstaufführung von John Adams Nixon in China mit John Adams höchstpersönlich am Pult des BBC Symphony Orchestra am Montag, den 10. September, aus allen Wolken. Als die Air Force One mit dem Namen Spirit of `76 am 21. Februar 1972 am Himmel über Peking aus den Wolken kommt, was Adams in seiner ganz speziellen Minimal Music ausspielt, ist man sich noch nicht ganz sicher, was diese Oper über Politik in drei Akten bringen wird. Doch bald schon wird man von Text (Libretto: Alice Goodman) und Musik und der konzertanten, halbszenischen Aufführung ganz und gar eingenommen.

Doch vielleicht muss man zuvor von dem Abend des 4. September berichten, um doch die feinen Unterschiede beim Musikfest 2012 deutlich zu machen. Natürlich ist das Koninklijk Concertgebouworkest Amsterdam ein großartiges Orchester und edler Klangkörper. Und Mariss Jansons ist ein hochangesehener und exzellenter Dirigent. Trotzdem mochte der obschon kontrastreiche Abend mit Musik sozusagen aus Amerika von Arnold Schönberg, Igor Strawinsky, Samuel Barber und Edgar Varèse nicht ganz so zu begeistern, wie das Eröffnungskonzert mit dem Charles Ives-Programm.

Wie amerikanisch ist Arnold Schönbergs (1874-1951) A Survivor from Warsaw, 1947 im Exil in Amerika komponiert? Ein wichtiges Werk, ein großes Werk und ein erschütterndes für Sprecher (Sergei Leiferkus), Männerchor (Rundfunkchor Berlin) und Orchester. Ein Werk allerdings auch, bei dem die Erzählung des Überlebenden eine ganz entscheidende Rolle einnimmt. Man soll die Erzählung vom Aufstand im Warschauer Ghetto am 19. April 1943 auch verstehen. Nicht zuletzt spricht bzw. brüllt der brutale Feldwebel im ansonsten englischen Text ein Berliner Idiom, was auch möglichst deutlich als sprachliches Mittel zwischen Englisch und dem hebräischen Schema Isroel hörbar sein sollte.

… The Feldwebel shouts: »Achtung! Stilljestanden! Na wird’s mal? Oder soll ich mit dem Jewehrkolben nachhelfen? Na jutt; wenn ihr’s durchaus haben wollt.« …

Obwohl A Survivor from Warsaw ein relativ kurzes Werk ist, kommt doch alles auf die Genauigkeit an. Das Verhältnis der Musik zur Erzählung und dem Gebetsgesang am Schluss enthält eine ganze Dramatik des Problems von Darstellbarkeit und dessen feinster Herausarbeitung. Die Frage des Überlebenden und wie es sich überhaupt von der Shoa erzählen lässt, ist doch heute vielleicht noch eine drängendere als 1947. Da lässt sich mit einer Aufführung nicht nur viel interpretieren, man muss es interpretieren und sehr genau durcharbeiten. Deshalb war es ein wenig so, als gäbe es zugunsten eines Klangs, eine Zurückhaltung vor der Interpretation. Mit anderen Worten: A Survivor from Warsaw darf niemals klingen, als kenne man die Erzählung und Strawinsky schon. Doch genau dieses Eindrucks konnte sich der Berichterstatter nicht erwehren.

Es kamen bei dieser Aufführung womöglich mehrere Dinge zusammen, die Mariss Jansons hätte stärker beachten können. Wie stark kann man mit der Musik die Erzählung pointieren? Gibt es eine auch fatale Hast des Erzählens in dieser Komposition? Und wie ließe sich diese Fatalität deutlich machen? Wovon könnte die Hast erzählen? Und wie kann man sie hörbar machen? Aber von diesen Fragen hört man nichts.

Der „Narrator“ als Überlebender und Zeuge schickt seiner Erzählung eine Entschuldigung voraus, die insbesondere seine Position als Zeuge und Erzähler deutlich macht.

I cannot remember ev’rything. I must have been unconscious most of the time. – I remember only the grandiose moment when they all started to sing, …

In dieser vorausgeschickten Entschuldigung wird doch bereits eine Schuld des Überlebenden als Überlebender angesprochen, die später und in den letzten Jahren in der Forschung beispielsweise bei Primo Levi und Robert Harvey eine so wichtige Rolle spielt. Das kann und darf man nicht außer Acht lassen, wenn man A Survivor from Warsaw von 1947 heute aufführt.

Musik und Amerika. Vielleicht sollte die Frage nach dem Verhältnis von nationalem Selbstverständnis, Politik und Musik gerade dann aufbrechen, wenn eine Komposition wie Samuel Barbers (1910-1981) Adagio for Strings, 1936 in Italien komponiert und von Arturo Toscanini 1938 im Rundfunk gespielt und übertragen, zur Musik für den nationalen Gedenkfall in Amerika wird. Das Adagio for Strings wird immer dann gespielt, wenn die Katastrophe eingetreten ist.

… Es erklang zu den Begräbnissen Präsident Roosevelts und Albert Einsteins, zum Gedenken an John F. Kennedy und Grace Kelly und zu Ehren der Opfer des 11. September 2001… (Habakuk Traber im Programmheft)

Aber gerade dann wäre es im Rahmen eines Konzerts, das sich nicht an einen Gedenkfall anschließt, vielleicht einer erweiterten Interpretation wert. Doch leider hörte man so in der Philharmonie auf höchstem Niveau nur, was sonst unlängst zu hören war.

Die wiederentdeckte Urfassung von Amériques von Edgar Varèse (1883-1965) ist reicher und vielfältiger instrumentiert als die spätere Fassung. Darin liegt eine gewisse Originalität im Frühwerk. Denn die vielen Pfeifen und Hupen eröffnen eben auch einen bestimmten Sound. Man kann sich durchaus vorstellen, wie der Komponist durch die Straßen der Großstadt New York ging und nach jedem neuen Ton hörte. Ein Tonfischer. Und gerade dadurch verändern sich dann auch die Musik und ihr Stellenwert bei Varèse. Man möchte fast an einen Stummfilm denken, den es zu instrumentieren gilt. Großstadtmusik. Und vielleicht so etwas wie eine ganz frühe Vorwegnahme der Sinfonie der Großstadt (1927) von Walther Ruthmann mit der Musik von Edmund Meisel.

Kommen wir zurück zur Oper Nixon in China. Einerseits ist man überrascht von der Textlichkeit der Oper und wie der Komponist damit verfährt. Andererseits ist allein das politik-historische Setting verstörend genug. Geht das überhaupt, ein jüngeres Ereignis aus der Politik zum Thema einer Oper zu machen? Wie könnte es gehen? Und wie könnten sich dann Politik, Text und Musik, Komposition einander bedingen? - Warum musste Nixon in China 25 Jahre auf seine Berliner Erstaufführung warten? Welche Politik spielte da eine Rolle? - Im Sommersemester 2011 stand das Thema »Musik und Politik« auf dem Programm der Mosse-Lectures an der Humbodt Universität. Jone Rose stellte sein Fences Project vor und Christina Weiss sprach mit Helmut Lachenmann über das Politische in der Oper. Die Kombination von Politik und Oper ist allerdings bei Alice Goodman und John Adams noch einmal eine andere.

Gut 40 Jahre nach dem Besuch Richard Nixons in Peking kommt nun also eine Oper in die Philharmonie, wo einem 30 bis 40jährigen Publikum die Ereignisse von 1972 gänzlich unbekannt sein dürften. Das Personal Richard Nixon, Pat Nixon, Cou En-lai, Mao Tse-tung, Henry Kissinger, Chiang Ch’ing, Nancy T’sang und all die namenlosen Sekretärinnen, Soldaten, Minister und Ministerinnen, Bankettgäste, Arbeiter und Arbeiterinnen, Presse und Zuschauer sind den meisten unbekannt. Das narrative Problem besteht nicht zuletzt darin, anhand des historischen Ereignisses mehr als nur von ihm selbst zu erzählen. Und dabei trifft das Libretto dann gleich mit dem Rausch der History und ihrer medialen Aufbereitung ins Schwarze. Die weltumspannende Größe Amerikas tritt als Erinnerung hervor, während sie heute demgegenüber deutlich verblasst ist.

Robert Orth ist ein wundervoller Richard Nixon, was nicht zuletzt daran liegt, dass er die unvergleichliche Nixon-Fresse hat. Pardon. Aber das darf man einmal sagen. Nixon sah mit seinem riesigen Unterkiefer immer so aus, als könne er die Welt stellvertretend für die Weltmacht allein mit seinem Erdnussunterkiefer zermalmen. Alice Goodman und John Adams haben mit Text und Musik sozusagen alles unternommen, um Richard Nixon als Machtmenschen, paranoiden Kleinbürger, Medienfreak und seiner eigenen „history“ verfallen zu zeichnen. Wo die größten Gesten und ein ständiges Parteitagswinken zu Anfang aufgefahren werden, kauert dieser beispielhafte (amerikanische) Politiker am Schluss seines Peking-Aufenthaltes erschöpft im Bett und erinnert sich an den Gestank von verbranntem Menschenfleisch im Pazifikkrieg.  

Alice Goodman gelingt es durch zwei völlig entgegen gesetzte Sprachmodi, die unterschiedlichen Seiten des Treffens in Peking zu charakterisieren. Während Nixon ständig in einer technologischen und machtpolitischen Metaphorik spricht, wird Mao Tse-tung durch seine poetische, geradezu blumige Sprache und die kommunistische Formelhaftigkeit charakterisiert. Beide erweisen sich als monströse Machtpolitiker. Was sie sagen, ist nicht einmal so wichtig. Wie sie es sagen, wird zum entscheidenden geradezu minimalistischen Unterschied. So die erste Begegnung zwischen Nixon und Mao:

MAO I can’t talk very well.

My throat …

NIXON I’m really nearly speechless with delight

Just to be here.

MAO We’re even then.
That is the right way to begin.
Our common old friend Chiang Kai-shek
With all his virtues would not …

Die erste machtpolitische Runde der Konsultationen geht so an Mao. Während Mao auf seinen Hals verweist, der möglicherweise nicht nur vor Aufregung, sondern auch vor Wut wie zugeschnürt ist, und Nixon mit gespielter Höflichkeit auf die Sprachlosigkeit eingeht, versetzt Mao gleich nach der Feststellung nicht nur der Gleichheit, sondern der Ebenbürtigkeit Nixon einen boshaften Schlag, indem er Amerikas Verbündeten und Maos konservativen Gegenspieler der Kuomintang Chiang Kai-shek als „gemeinsamen alten Freund“ bezeichnet. Während der illegitime Präsident der Republik China auf Taiwan quasi diktatorisch mit der Unterstützung Amerikas regiert, herrscht Mao durch ein kleines, rotes Buch seit 1965 wie ein gottgleicher, chinesischer Kaiser in der Volksrepublik China. In der Trennung und nicht etwa durch eine Übereinstimmung sind sie durch den „gemeinsamen alten Freund“ verbunden.


Nixon in China legt offen, wie die Sprachmodi als Ideologie funktionieren, worauf bisweilen viel zu wenig geachtet wird. - Interessanter Weise bemüht Helmut Schmidt im Gespräch mit Singapores Staatsgründer Le Kuan Yew gerade in der ZEIT einen sehr ähnlichen Sprachmodus. - Trotz der ständigen Bekundung von Gemeinsamkeiten und der Berufung auf eine imaginäre Welt in Frieden und Wohlstand, gelingt es Nixon und Mao nicht zu kommunizieren. Sie reden mehr aneinander vorbei, als dass sie miteinander sprechen. Ihr Dialog oszilliert „zwischen philosophischem Schlagabtausch und politischer Selbstinszenierung“ nach einer Formulierung von John Adams. Weder für Nixon noch für Mao wird Partei ergriffen. Stattdessen werden die Mechanismen des Herrschens durchgearbeitet. Denn es geht darum,

wie die Diktaturen der Rechten und der Linken das Jahrhundert hindurch sorgfältig die öffentliche Meinung durch eine Form des öffentlichen Theaters und den Kult ihrer Person in der politischen Arena gesteuert hatten. Beide, Nixon und Mao, waren geschickte Manipulatoren der öffentlichen Meinung. … (John Adams zitiert nach dem Programmheft des Abends)  

Im zweiten Akt erfahren die beiden Politikerfrauen, Pat Nixon (Jessica Rivera) und Chiang Ch’ing (Kathleen Kim), eine besondere Berücksichtigung. Ihnen gehört der 2. Akt. Das ist insofern geradezu vorausschauend gewesen, als der Einfluss der Ehefrau des Politikers in der amerikanischen Politik seit Ende der 80er Jahre eher noch zugenommen hat. Die Frau an der Seite des Präsidenten oder des Präsidentschaftskandidaten verkörpert heute mehr denn je die Vision von der amerikanischen Gesellschaft. An den Frauen der Präsidentschaftskandidaten kristallisiert sich das Gesellschaftsmodel, und zwar stärker und gegensätzlicher - Ann Lois Romney und Michelle Obama - als in Deutschland oder Europa.

Jessica Rivera und Kathleen Kim waren nicht nur exzellent disponiert, sie verstanden es vor allem auch, mit sparsamen Gesten die unterschiedlichen Gesellschafts- und Geschlechtermodelle zu verkörpern. Pat Nixon spielt die winkende und lächelnde Politikerfrau, die im Damenprogramm von Termin zu Termin hastet, und die nicht davor zurückschreckt, bei der Vorführung eines prämierten Schweins in der Evergreen People’s Commune zu erwähnen, dass sie auch einmal ein Schwein, einen Eber aufgezogen habe.

I once raised a red-ribbon boar.  

Dabei ist zu bedenken, dass ein “red-ribbon boar” nicht nur ein „preisgekrönter Eber“ ist, sondern dass eine rote Schleife eben auch ein Symbol für die Republikaner als Partei ist. Pat hat also auch einen doppeldeutigen Eber mit roter Schleife aufgezogen, und zum Präsidenten gemacht.

Chiang Ch’ing gibt dagegen ganz die Kämpferin für Partei und Volk. Natürlich tut sie das mit der nötigen und durchaus historisch überlieferten Grausamkeit. Denn sie wurde nach Maos Tod zur bestgehassten Frau Chinas. Bereits 1981 war sie nach mehr oder weniger parteichinesischem Modell zum „Tode auf Bewährung“ verurteilt worden, was nach wie vor durchaus aktuelle Bezüge zur Politik der Chinesischen Kommunistischen Partei aufweist.  Erst 1991 nahme sie sich das Leben. Doch Alice Goodman und John Adams interessiert nicht nur die Person, sondern das Modell Chiang Ch’ing als Sprachrohr von Maos Rotem Buch, einer Mischung aus Poesie und knallharter Machtpolitik.

I am the wife of Mao Tse-tung
Who raised the weak above the strong
When I appear the people hang
Upon my words, and for his sake
Whose wreaths are heavy round my neck
I speak according to the book.  

Erstaunlich eindeutig für einen Operntext aus Amerika ist dann vor allem der Auftritt von Henry Kissinger (geb. 1923) im 2. Akt, der ständig zwischen Womanizer und Geheimdienstberater, aber auch Kulturvermittler pendelt. Potenz und Machtstreben werden mit Henry Kissinger als Figur deutlich hervorgekehrt, weshalb Kissinger vielleicht niemals als Präsidentschaftskandidat für die Republikaner taugte. Gleichwohl dominierte er die amerikanische Außenpolitik für lange Zeit. Kissinger organisiert nicht nur die Spione. Er ist der große Akteur der Hinterzimmer in ihrer ganzen Doppeldeutigkeit und wird so möglicherweise gerade dadurch zum Erfolgsgaranten der amerikanischen Mission in Peking. Wohl nicht zuletzt deshalb schlüpft Kissinger in der Oper während einer Opernauffühung auch in die Rolle eines Chinesen, des Lao Szu bzw. Lao Tse:

Oh what a day

I thought I’d die!

That luscious laugh

That swelling breast

Scented and greased,

A sacrifice …

She was so hot …

Man upon a hen!

John Adams Minimal Music wirft dem Hörer ständig mikrologische Erinnerungsbrocken an die Operngeschichte hin. Hat man da gerade Anklänge an Wagner, vielleicht Walküre oder Götterdämmerung gehört? War das jetzt gerade Turandot von Puccini? Könnte das Mussorgskis Bilder einer Ausstellung gewesen sein? Kaum ist ein Erinnerungsklang angeschlagen, geht er auch schon wieder über in die Intervalle der Minimal Music. Adams zitiert nicht. Auf höchst präzise Weise versieht er jedes Zitat mit einem Fragezeichen. Der Hörer kann sich nie in einer Melodie einrichten. Erzählung und Melodie funktionieren nicht mehr als Sinn generierende Kompositionsmodi. Eine zusammenhängende Erzählung wird nicht angestrebt. Stattdessen wird an die Modi dieser Erzählungen erinnert.

Auf sprachlicher wie musikalischer Ebene wird auf einen anderen Text verwiesen, könnte man formulieren. Gerade das musikologische Erinnerungsverfahren einer „unwiederbringlich verlorenen Zeit“, das nur durch höchste Präzision erreicht werden kann, ergeht es dem Hörer wie den

fünf Hauptpersonen“ im dritten Akt. Sie sind „alle durch ihre innersten Gedanken virtuell paralysiert. In der Einsamkeit und Abgeschiedenheit ihres oder seines Bettes kann niemand den Empfindungen der Reue entfliehen, dem Gefühl der unwiederbringlich verlorenen Zeit und der verpassten Gelegenheiten. (John Adams)

Die „unwiederbringlich verlorene Zeit“ schimmert eben mit dem Zitat in Adams Musik durch. Was und wie viel erinnert werden kann, lässt sich gar nicht kalkulieren. Der Ort des Hörens in einem Konzertsaal ist nicht weniger ein einsamer und abgeschiedener.

Es spricht für die Präzision der Oper Nixon in China, dass die konzertante Aufführung mit sparsamsten Mitteln der Inszenierung zu einem gefeierten Erfolg wurde. Natürlich konnte dies nur mit den ausgezeichneten Solisten, den BBC Singers und dem BBC Symphony Orchestra sowie einem ebenso inspirierten wie präzisen Dirigenten zustande kommen. Und Nixon in China geht natürlich nur in Englisch. Abstriche verträgt diese Oper gar nicht. Dafür sind Text und Musik viel zu präzise.

 

Torsten Flüh

 

Konzert des

Koninklijk Concertgebouworkest Amsterdam

unter Mariss Jansons

vom 4. September 2012
wird am 23. September 2012 um 20:04 Uhr

übertragen auf

UKW 29,4/Kabel 95,35

Musikfest Berlin 2012
weitere Aufführungen bis 18. September 2012


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Categories: Oper

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